Auch wenn Nachschlagewerke zur Ikonographie den Eindruck der Klarheit vermitteln wollen, sind Attribute (Symbole, die auf andere Inhalte hinweisen) oft nicht eindimensional. Im nachfolgenden Detail aus einem barocken Epitaph hält ein Engelchen (Putto) eine Sichel und ein Büschel Korn in der Hand. Da es sich auf einem Epitaph befindet, weist die Sichel auf den Tod hin. Die Ähren, jedoch, sonst schnell mit dem Abendmahl in Verbindung gebracht, werden in derselben Hand gehalten. Diese Zusammenstellung erhöht die Bedeutung zur Frage nach “der Ernte”, nach dem Ertrag des Lebens des Verstorbenen. Dass sein Leben “ertragreich” und “siegreich” war, deutet der nach oben gerichtete Blick des Putten an.
Es gibt in diesem Zusammenhang eine erweiterte Bedeutung für die Kornähren. In dieser Zusammenstellung – auf einem barocken Epitaph – symbolisieren sie zudem die Auferstehung Christi und somit auch die Hoffnung auf die Auferstehung des Verstorbenen. Überhöht wird die Bedeutungsspielerei dadurch, dass der Verstorbene der Familie Korn angehörte.

Sichel und Korn auf dem Epitaph der Familie Korn
Für Kirchenpädagogen empfehlen sich daher Ikonographie-Lexika, die nicht nur Symbole deuten, sondern auch deren zeitlichen Wandel und Kontext erläutern.
St. Marienkirche, Berlin, Foto Erika Grünewald 2009
Tags: Auferstehung, Barock, Erika Grünewald, Kirchenpägogik, Korn, Kunstgeschichte, Putto, Sichel, St. Marien, Tod
Die Darstellung von Kindern mit ihren kindlichen Eigenschaften entwickelte sich relativ spät in der europäischen Kunst. Hinter den überbordenden Wolken von Putten, die wir oft nur noch als “zuviel” registrieren, verstecken sich oft Studien von Kindergesichtern.

Studien von Kindergesichtern. Detail der Schlüterkanzel in St. Marien, Berlin. Foto: Erika Grünewald
Lieder stehen die Puttengesichter so hoch im Raum – sie sollen ja den Himmel verkörpern – dass sie im Detail nicht mehr wahrzunehmen sind. Kirchenpädagogisch muss man sich hier mit Fotos helfen – und einer guten Kamera. Sie bergen aber ein Reichtum der Gefühle in sich, dass sich diese Mühe lohnt, besonders wenn man eine barocke Kirche sein eigen nennt, oder wenn man “Engel” thematisieren möchte.
Tags: Engel, Erika Grünewald, Kanzel, Kunstgeschichte für Kirchenpädagogik, Putten, St. Marien-Berlin
Obwohl das Kapitell compositum (zusammengesetztes Kapitell) in der barocken Baukunst weite Anwendung erfuhr, wurde auch das ionische Kapitell vielfach eingesetzt. Nicht so üppig wie das Compositum, verliehen die ionischen Kapitelle einem Altar oder einer Kanzel einen feierlichen, würdigen Ausdruck. Sie betonten die Ecken oder den Übergang von einer Fläche in eine andere besser als die runden Abschlüsse, um die das Auge herumschlüpft.
In der griechischen Antike hatten ionische Abschlüsse lediglich zwei “Rollen”, je eine zu den beiden Seiten, die von vorn nach hinten durchliefen. Der Barock, hingegen, setzte zwei “Locken” gegen einander, so dass vier Ecken entstanden. Das erlaubte “die Quadratur des Kreises” und schuf einen Übergang von der runden Säule zur starken Verkröpfung der Auflage (welcher Art auch immer).

Detail der Schlüter-Kanzel in St. Marien, Berlin. Foto: Erika Grünewald
Kirchenpädagogisch lässt sich diese Ausformung als Teil der barocken Baukunst suchen. Behilflich wäre der Vergleich mit der antiken Ionik sowie mit einem Kapitell compositum.
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